Ich will nicht lügen, dieses Buch ist so beeindruckend wie es kompliziert ist. Die Rede ist von „Desserts“ von Julien Duvernay. Dieses Werk wollte ich unbedingt haben, da es verspricht eine Menge beizubringen.
Zumal es natürlich auch optisch ein wahres Kunstwerk ist.
Ich muss aber vorweg sagen, selten habe ich mich so sehr mit einem Backbuch auseinandergesetzt, denn ich war völlig hin und her gerissen. Aber eines ist sicher: Es wird die Art wie ich backe verändern!
Zu den Fotos
Die Bilder im Buch sind kurz gesagt allesamt beeindruckend, was nicht zuletzt an der Optik der Desserts liegt. Denn die Fotos sind sehr modern und reduziert. Grundsätzlich sieht man meist nur das Dessert und einen farblich gegensätzlichen Hintergrund.
Daher ist alles was man über die Illustrationen sagen könnte eigentlich auf die Desserts an sich zu beziehen.
Diese sind von ihrer Erscheinung her einfach meisterlich. Starke, gut zueinander passende Farben und eine kunstvolle teilweise unordentliche Komposition, die immer so „zufällig“ sie auch scheinen mag auf den Punkt genau abgestimmt ist.
Zu den Rezepten
Ok, ich will ehrlich mit euch sein, ich musste erstmal eine Nacht drüber schlafen, bevor ich etwas zu dem Rezept schreiben konnte, welches ich mich gewagt habe nachzumachen.
Das Problem ist, dass die Zubereitung der Rezepte nicht wirklich genau beschrieben ist. Zwar wird jede Zutat aufs Gramm genau angegeben, das spiegelt sich jedoch nicht im Rezept wieder.
So ist beispielsweise nicht gesagt, auf welcher Stufe des Herdes man den Brandteig abbrennen soll. Wie die giftgrüne Creme der Eclairs so grün wurde, davon ist im Rezept/ den Zutaten auch nirgends die Rede. Und die Creme Pistazien-Creme meiner Eclairs, die ich zwar schnell, aber dennoch gründlich im Gefrierfach gekühlt habe, war leider erst am nächsten Morgen richtig spritzfähig. Von einer minimalen Kühlzeit wie zum Beispiel „Über Nacht kühlen“ stnad nichts in der Beschreibung. Diese Creme hatte auch meine Frustration vom Vortag zu verantworten, denn wenn man den ganzen Tag mit einer Sache zubringt und sie dann nicht so wird wie erhofft (ich wollte die Creme eben aufdressieren, aber sie war viel zu weich) frustriert das. Ebenso die Elemente einiger Desserts, die ganz eindeutig (wenn man es denn weiß) mit Kakaobutter ge-airbrushed wurden, davon stand auch nichts im Rezept.
Nur ganz am Ende des Buches wird diese Technik beschrieben, jedoch ohne auch nur einen Verweis in den zahlreichen Rezepten selbst. Da dies optisch jedoch einen großen Unterschied macht und ja auch nicht jeder diese Technik erkennt, hätte man vielleicht ein Rezept nachgemacht und am Ende festgestellt, dass es komplett anders aussieht. Außerdem hat ja nicht jeder eine Airbrush Maschine, weshalb man sich dann natürlich auch nicht ein solches Rezept aussuchen würde … wenn man denn wüsste, dass man eine Airbrush Maschine benötigt.
Jetzt mag der eine vielleicht sagen: „Dieses Buch ist eben für Profis geschrieben“. Ich finde, dann sollte man es eben als Fachliteratur verkaufen und nicht einem breiten Publikum anbieten.
Ich meine mir ist klar, dass ein völliger Anfänger sich nicht an ein solches Buch wagen wird, aber als passionierter Mittelfeld Bäcker traut man sich unter Umständen schon daran und möchte dann natürlich auch ein gut ausformuliertes Rezept haben.
Nichts desto trotz, hat das Buch erfüllt, was ich mir davon erhofft habe und weshalb ich es mir überhaupt ausgesucht habe: Ich durfte einiges lernen und das schon aus einem Rezept!
Ich denke jeder Bäcker hat so seine Grundrezepte, die er in ähnlicher Form schon mal irgendwo gesehen hat und nach Bedarf abwandelt. Die Cremes in diesem Buch waren mir aber vom Aufbau noch fremd. So war die Passionsfrucht Creme eine Art abgewandeltes Curd. Und das karamellisieren von weißer Schokolade für die Pistazien Creme, die eine abgewandelte Ganache ist, kannte ich so auch noch nicht. Ebenso das karamellisieren von Ananas, so simpel es auch ist, war mir neu.
Ich werde auf jeden Fall mal die restlichen Rezepte durcharbeiten und so viel daraus mitnehmen wie ich kann, denn trotz meiner eher negativ belasteten Erfahrung mit den Eclairs habe ich an diesem Tag durch nur ein Rezept 3 neue Techniken gelernt und das ist mehr wert als gelungene Eclairs. Man wächst eben durch Tiefschläge.
Achja und noch eine kleine Anmerkung: Stellt euch darauf ein spezielle Zutaten kaufen zu müssen wie Gelan, Soja-Lecithin, Bicarbonat oder Stabilisator, denn jeder kann sich wohl denken, dass ein Spitzenpatissier sich nicht auf „übliche Zutaten“ begrenzt.
Zum Geschmack
Grundsätzlich spiegelt sich, was ich bei den Eclairs bemerkt habe, in den meisten seiner Rezepte wieder: Es ist geschmacklich viel los! Viele der Rezepte bestehen aus 2-3 Spalten alleine an Zutaten und das merkt man auch an den Aromen.
Zum Beispiel die Hafer Quitte Kurkuma Tarte, darin alleine waren u.a. verarbeitet: Birne, Quitte, Ingwer, Kurkuma, Grapefruit, Passionsfrucht und Haselnüsse. Oder in den Eclairs: Pistazie, Orange, Passionsfrucht, Grüner Tee, Kardamom und Ananas.
Teilweise sind einige der Zutaten nur in sehr kleinen Mengen im Rezept vorhanden, aber dennoch meist schmeckbar.
Ich habe sicherlich nicht so einen feinen Gaumen um die Aromen auseinanderzuhalten, so empfand ich den Kontrast zwischen herben Pistazien/Grünem Tee, saurer Passionsfrucht und fruchtiger Ananas als sehr stark, dennoch haben sie sehr gut geschmeckt. Ich finde es gut mal völlig neue Kombinationen auszuprobieren als immer nur dieses 0815 Himbeer-Schoko oder Erdbeer-Vanille. Das ist sehr inspirierend!
Fazit
Wer einfach ein leckeres Dessert ohne viel Aufwand zaubern möchte oder genaue Angaben zur Zubereitung benötigt, sollte mit diesem Buch nicht gut beraten sein. Wer aber neue Geschmäcker entdecken will oder sich für moderne hohe Gastronomie interessiert, wird in Julien Duverneys „Desserts“ einen kleinen Schatz finden.
Was, wie ich finde, jedoch das größte Argument ist: Man kann so viel daraus lernen. Es bewegt sich auf einer völlig anderen Ebene als alle anderen Backbücher, die ich sonst besitze und verwendet so viele Techniken die ich noch nicht kannte.
Ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass es ein wahres Muss für jeden ist, der selbst Rezepte entwickelt, denn die eigenen Werke profitieren sehr stark davon.
Natürlich kann es manchmal frustrierend sein neue Techniken zu lernen, wenn diese nicht auf Anhieb gelingen, aber am Ende wächst man eben daran.
Gebundene Ausgabe: 240 Seiten
Verlag: AT Verlag AZ Fachverlage; Auflage: 1 (4. April 2016)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3038009059
ISBN-13: 978-3038009054
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* Dieses Buch wurde mir freundlicherweise unentgeltlich vom ”AT Verlag” zur Verfügung gestellt, an dieser Stelle: Dankeschön dafür. Dies beeinflusst nicht meine Meinung zum Werk.
Grüner Tee Passionsfrucht Eclairs
Eclairs
125 g Wasser
50 g Butter
3 g Salz
5 g Zucker
100g Mehl
3 Eier
Passionsfrucht-Kardamom-Creme
80 g Passionsfruchtpüree
20 g Orangensaft
1 g Kardamom
30 g Eigelb
40 g Ei
30 g Zucker
1 g Gelatine, in Eiswasser eingelegt
40 g Butter
Pistazien-Grüntee-Creme
Infusion
240 g Rahm
2g Kardamompulver
15 g Grüntee
Creme
120 g Milch
4 g Glukosesirup
40 g Pistazienpaste (Link)
3 g Gelatine, in Eiswasser eingelegt
170 g karamellisierte weiße Schokolade (Grundrezept Seite 226), in Stücken
200 g Rahminfusion
Karamellisierte Ananas
150 g Ananas
15 g brauner Zucker
5 g Butter
Fertigstellung
Marzipanmasse
Puderzucker
Gehackte Pistazien
Passionsfruchtkerne
Eclairs
Den Ofen auf 230 Grad Heißluft vorheizen. Wasser, Butter, Salz und Zucker aufkochen. Das Mehl dazugeben und 2 Minuten unterrühren. In eine Schüssel umfüllen und die Eier nach und nach einarbeiten. Den Brandteig in einen Dressiersack mit Lochtülle füllen und auf ein mit Backpapier belegtes Blech Bahnen (10 cm lang, 11/2cm breit) spritzen. Das Blech in den Ofen schieben, die Temperatur sofort auf 160 Grad reduzieren und die Eclairs 25 Minuten backen. Herausnehmen und auskühlen lassen.
Passionsfrucht-Kardamom-Creme
Passionsfruchtpüree, Orangensaft, Kardamom, Eigelb, Ei und Zucker unter ständigem Rühren aufkochen. Die eingeweichte Gelatine darin auflösen. Durch ein Sieb in eine Schüssel passieren. Wenn die Masse auf 30 Grad abgekühlt ist, die Butterwürfel mit dem Stabmixer einarbeiten. Auf einem Blech in Frischhaltefolie einschlagen und auskühlen lassen. Die Creme in einen Dressiersack füllen.
Pistazien-Grüntee-Creme
Für die Infusion den Rahm mit dem Kardamom aufkochen, vom Herd nehmen, den Tee beigeben und 5 Minuten ziehen lassen. Danach durch ein Sieb passieren.
Für die Creme Milch, Glukose und Pistazienpaste aufkochen. Die eingeweichte Gelatine darin auflösen und in drei Schritten zu der Schokolade geben. Die Infusion dazugeben und mit dem Stabmixer gut vermischen.
Karamellisierte Ananas
Die Ananas in kleine Würfel schneiden. Mit dem Zucker und der Butter in eine Bratpfanne geben und leicht karamellisieren lassen. Auf einem Blech auskühlen lassen.
Fertigstellung
Die Eclairs der Länge nach aufschneiden. Auf den Boden die Passionsfruchtcreme spritzen und die Ananaswürfel darauf verteilen. Mit einer Lochtülle zwei Bahnen Pistaziencreme darauf dressieren.
Marzipanmasse dünn auf Puderzucker auswallen und in der Größe des Deckels ausschneiden. Auf den Deckel legen und diesen mit Passionsfruchtcreme, gehackten Pistazien und Passionsfruchtkernen garnieren.