Habt ihr euch schon mal gefragt, was eigentlich Mehl, Butter oder Zucker in eurem Teig bewirken? Nein das solltet ihr aber, denn zu wissen wie eure Zutaten den Teig beeinflussen ist der Schlüssel um ihre Eigenschaften für euch zu nutzen.
Warum zum Beispiel brauner Zucker eure Cookies noch saftiger und weicher macht, warum Wodka im Mürbeteig für mehr Knusprigkeit sorgt oder warum durch zu langes Rühren euer einst lockerer Muffinteig plötzlich gummiartig und zäh geworden ist.
Ihr seht, auch beim Backen kann euch die Wissenschaft behilflich sein.
Aufbau eines Weizenkorns
– Frucht- & Samenschale: Umgibt Mehlkörper und Keimling, enthält Mineralien, Ballaststoffe und Vitamine.
– Keimling: Enthält Trieb- & Wurzelanlage der späteren Getreidepflanze und ist der nährstoffreichste Teil des Weizenkorns. Enthält Eiweiß Fett und Vitamine.
– Mehlkörper: Macht den größten Teil des Weizenkorns aus und besteht aus Stärke und Eiweiß (Kleberproteine).
Gluten
– Gluten ist ein Kleberprotein in vielen Getreidesorten es setzt sich aus 2 Proteinen zusammen: Prolamine und Gluteline (in Weizen als Gliadine und Glutenine bezeichnet).
– Beide Komponenten verbinden sich nach Kontakt mit Wasser und bilden das Glutengerüst.
– Gluten sorgt für eine stabile, feste, elastische Konsistenz, was bei Brot z.B. gewünscht ist, bei Muffins jedoch unbedingt vermieden werden sollte.
– Zu wenig Gluten und der Teig hält nicht zusammen, Gase von Triebmitteln, sowie Flüssigkeit können nicht gehalten werden, zu viel und er wird zäh.
– Wenn bei Mürbeteigen statt 100% Wasser eine Mischung aus 1:1
Wasser : Wodka zugesetzt wird, beeinflusst das die Glutenbildung reduzierend (Alkohol fördert Glutenbildung nicht), der Alkohol verdampft beim Backen und es ist kein geschmacklicher Unterschied feststellbar, der Mürbeteig wird blättriger und ist weniger fest.
– Zucker bindet Wasser und verhindert so Glutenbildung und Austrocknung (Später mehr dazu).
– Öl und Butter spenden dem Teig Saftigkeit ohne Gluten zu bilden.
– Eier, Fette, Zucker verhindern Glutengerüstbildung durch Hemmung der Denaturierung und Vernetzung der Peptidketten des Glutens.
– Bei starkem Rühren durch Mixer zum Beispiel wird die Glutengerüstbildung verstärkt, daher sollten feine Gebäcke lieber mit dem Spatel leicht und kurz gerührt werden (Mehlschlieren sollten noch vorhanden sein).
Mehl Typ 550
– 10-13 % Protein (Hauptsächlich Klebereiweiß)
– Mittelfeine bis grobe Krume
Mehl Typ 405
– Maximal 11 % Protein (Hauptsächlich Klebereiweiß)
– Feine Gebäcke wie Biskuit, Rührkuchen oder Schichtkuchen
Backtriebmittel
– Die meisten Backtriebmittel produzieren nach Flüssigkeitkontakt CO2. Das Gas lässt Teige aufgehen.
– Natron (Natriumhydrogencarbonat NaHCO3) ist alkalisch → Begünstigt Maillard Reaktion.
– Maillard Reaktion ist Reaktion, die das bräunen des Teiges verursacht und das typisch „gebackene oder geröstete“ Aroma von Teigen, aber auch z.B. von angebratenem Fleisch verursacht.
– Natron benötigt saure Komponente um zu wirken, z.B. Buttermilch, Joghurt oder Zitronensaft.
– Backpulver besteht aus Triebmittel (Meist Natron), Speisestärke als Trennmittel und Säurekomponente (Z.B. Zitronensäure, Weinstein (Kaliumsalz der Weinsäure), saure Phosphate).
– Backpulver reagiert erst nach Flüssigkeitskontakt.
– Natürliche Backpulver enthalten als Säuerungsmittel Zitronensäure (E 330) oder Weinsäure (E 334); auch Weinstein (E 336).
– Phosphatfreie Backpulver sind geschmacklich neutraler, aber meist teurer.
– Einfach aktives Backpulver produziert direkt und nur in der Rührschüssel CO2, es enthält nur eine saure Komponente.
– Zweifach aktives Backpulver wirkt in der Rührschüssel und dann nochmal im Ofen (Temp. über 49°C), es enthält zwei verschiedene saure Komponenten, die nacheinander abgebaut werden.
– Bei sehr sauren Teigen sollte nur Natron verwendet werden, da Backpulver durch den niedrigen pH inaktiviert wird.
– Für Lebkuchen, Spekulatius, Plätzchen und Kekse, also für scharf durchgebackene, flache Backwaren verwendet man als Backtriebmittel Hirschhornsalz, einem Gemisch aus Ammoniumhydrogencarbonat NH4HCO3 und Ammoniumcarbaminat H2N-COO-NH4+. Es zersetzt sich ab 60°C in NH3, CO2 und H2O.
– Verwendet man zu wenig Backtriebmittel reicht Gasbildung nicht aus und der Teig geht nicht gut auf, zu viel und die Blasen werden zu groß, steigen an die Oberfläche und platzen → Gebäck wird flach, außerdem bekommen sie einen seifigen Geschmack.
Allgemeine Reaktion Natron
– Das entstandene Na2CO3 hat einen seifigen Geschmack, aus diesem Grund werden verschiedene andere Verbindungen als CO2-Quelle dem Backpulver zugesetzt.
– Von der Art dieser Säureträger hängt die Freisetzungsgeschwindigkeit des Kohlendioxids ab.
– Die eingesetzte Natronmenge bestimmt das Volumen an freigesetztem CO2.
Reaktion Natron und Weinstein
– Basischere Teige bräunen schneller, haben weniger festes Glutengerüst (lockerere Teige) und schmecken voller durch die begünstigte Maillard Reaktion.
– Man sollte dem Teig zusätzlich immer noch ein bisschen Natron zugeben (1/2 TL Natron auf 2 TL Backpulver) damit Maillard Reaktion verstärkt wird.
– Teige mit ausschließlich Backpulver gehen zwar genauso stark auf bräunen aber weniger, … etc.
Zucker
– Zucker wirkt hygroskopisch (bindet Wasser durch Wasserstoff-Brückenbdg.).
– Es wäre viel Wärme nötig um diese Bindungen zwischen Wasser und Zucker aufzubrechen, weshalb Zucker ein effektives Feuchthaltemittel ist.
– Wenn Zucker erhitzt wird, schmilzt er, bzw. zerfällt in seine Bestandteile (Im Falle des Haushaltszucker (Saccharose) in Glucose und Fructose.
– Dies geschieht auch beim Erhitzen des Zuckers mit Säure.
– Wenn Saccharose zerfällt entsteht Invertzucker (Gemisch, welches aus gleichen Teilen von Fructose und Glucose besteht), dieser ist noch stärker hygroskopisch.
– Brauner Zucker enthält mehr Invertzucker, weshalb er z.B. Cookies weicher und saftig werden lässt.
– Außerdem setzt Zucker den Gefrierpunkt herab, weshalb Eis und co. nicht so fest, sondern cremig werden.
– Wenn sich dann die Eiskristalle bilden geschieht dies sehr schnell, wodurch sie viel kleiner bleiben und das Eis cremig wird.
Ich hoffe diese kurze Zusammenfassung wird euch in Zukunft helfen eure Backwaren noch besser zu machen! Wer sich mehr über das Thema informieren möchte, dem würde ich das Buch „Perfektion. Die Wissenschaft des guten Kochens. Backen: Band 3“ (Amazon Link) empfehlen.
Für alle die nichts dagegen haben auf englisch zu lesen, mit „The Science of Good Cooking“ (Amazon Link) solltet ihr besser beraten sein, denn dieses Werk ist ausführlicher als die deutsche Fassung. Es enthält nämlich neben dem Backen auch die Techniken fürs Kochen, welche in der deutschen Fassung in zwei weiteren Bänden in der gleichen Ausführlichkeit behandelt werden. Es ist somit auch irgendwie billiger.